Drahtlose Kommunikationstechnologien (bspw. V2X- bzw. C2X-Kommunikation oder Mobilund Rundfunk) machen frühzeitige Fahrerwarnungen vor Gefahrensituationen möglich. In einer Untersuchung im dynamischen Fahrsimulator mit N = 16 Probanden konnte bereits eine Erhöhung der Verkehrssicherheit aufgrund von frühzeitigen, präzisen Stauende-Warnungen auf Autobahnen gezeigt werden. Die vorliegende Arbeit stellt eine zusätzliche Auswertung dieser Studie im Hinblick auf sog. (negative) Verhaltensanpassungen (engl. 'behavioural adaptation'; d.h. nichtintendierte Verhaltensänderungen von Verkehrsteilnehmern infolge der Einführung des Stauende-Warnsystems) dar. Ältere und jüngere Probanden durchfuhren innerhalb der o.g. Studie zusätzlich zu den Prüfsituationen (Annäherungen an Stauenden mit vs. ohne Unterstützung durch das Warnsystem) Streckenabschnitte unter unterschiedlichen Verkehrsbedingungen ('freier Verkehr' vs. 'synchronisierter Verkehr'), in denen kritische Stauende-Situationen zwar möglich waren, jedoch nicht auftraten. Dabei wurde den Probanden entweder angezeigt, dass eine Stauende-Warnung möglich wäre ('mit Unterstützung') oder nicht ('ohne Unterstützung'). In Fahrten mit möglicher Unterstützung finden sich Hinweise auf negative Verhaltensanpassungen: (1) Erhöhung der maximalen Geschwindigkeit, (2) Verminderung der minimalen Time-to-Collision beim Folgefahren im freien Verkehr und (3) Intensivierung der Nebenaufgabenbearbeitung bei jüngeren Fahrern gegenüber der Fahrt ohne Unterstützung. Die Ergebnisse zeigen, dass die Einführung von vorausschauenden Warnsystemen Verhaltensanpassungen in Form von risikoreicherem Verhalten zur Folge haben kann, welche deren Sicherheitseffekte möglicherweise einschränken. Vor diesem Hintergrund sind Forschungsdesigns zu fordern, die ebenfalls die Abschätzung (negativer) Verhaltensanpassungen umfassen.