Die CO2-Diskussion und exorbitant angestiegene Energiepreise haben die Rahmenbedingungen in kurzer Zeit krass verändert. Beim Endkunden ist die Verbrauchsökonomie zum entscheidenden Kaufkriterium avanciert. Die Hersteller haben das Thema mittlerweile zur Kenntnis genommen. Mit Programmen wie 'Efficient Dynamics' (BMW), 'Blue Efficiency' (Mercedes) oder 'Blue Motion' (VW) versucht die Industrie, den Kraftstoffverbrauch zu senken und sich ein umweltfreundliches Image zu verleihen. Die enormen Anstrengungen in der Antriebstechnik haben sich im Verbrauch wenig niedergeschlagen. Die Autohersteller verweisen auf die Komfort- und Sicherheitsbedürfnisse, um den Gewichtsanstieg zu rechtfertigen. Tatsächlich hat die passive Sicherheit erhebliche Fortschritte gemacht. Die Überlebenschancen bei schweren Unfällen sind in allen Fahrzeugklassen deutlich gestiegen. Auch die vielfältigen Komfortextras fordern ihren Tribut. Früher als entbehrlich eingestufte Ausstattungsdetails wie elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung oder Klimaanlage sind mittlerweile Standard. Selbst dann, wenn sich die Anforderungen an das Auto nicht ändern, gibt es nach Ansicht von Experten noch einiges Potenzial zur Gewichtsredizierung. Oft ist die Vorgehensweise bei Fahrzeugkonstruktionen suboptimal, da vieles separat entwickelt wird, anstatt das Auto in seiner Gesamtheit zu betrachten. Wenn Motor, Fahrwerk und Karosseriestruktur frühzeitig aufeinander abgestimmt werden, können einen Reihe von akustischen und thermischen Dämm-Maßnahmen entfallen. Alleine bei Akustikmassen, Dichtmitteln und Dämmstoffen werden heute in einem Fahrzeug der Premiumklasse bis zu 30 kg verbaut. Mit einer intelligenten Konzeption lassen sich bei einem solchen Auto bis zu 80 kg einsparen. Vor zehn Jahren war die Branche schon weiter. Damals wie heute waren allerdings Hersteller und Kunden nicht bereit, erhebliche Zusatzkosten für den Leichtbau zu tragen. Etwa fünf Euro pro eingespartem Kilogramm Gewicht gelten bei Premiumherstellern heute als Richtwert. Vor allem dadurch erklärt sich, dass einige der verfügbaren Leichtbautechnologien bislang relativ exotisch geblieben sind. Nach wie vor dominieren Stahlkarosserien den Automobilmarkt; die Entwickler kennen den Werkstoff, er hat sich bewährt. Seine Hauptvorteile - der attraktive Preis und die großen Prozessfenster - schwinden jedoch. Die Alternativen (Aluminium, Magnesium, Kunststoffe, Kohlefaser) werden immer attraktiver. Für die Zulieferindustrie bietet das thema Leichtbau die Chance, innovative Lösungen an den Kunden zu bringen. Wichtige Chancen bieten sich in der Produktions- und Prozessplanung, denn zeitgleich mit dem Thema Leichtbau müssen die Hersteller dem sich damit ergänzenden Trend zu Nischenfahrzeugen entgegenkommen. Wenn die Karosserien leichter werden, können auch die Motoren wieder kleiner und leichter werden. Als der Golf I noch 750 kg wog, war er mit dem 1,1-Liter-50-PS-Basismotor ausreichend motorisiert. Heute benötigt die Basisvariante 80 PS aus 1,4 Litern Hubraum, um den Golf VI einigermaßen akzeptabel zu beschleunigen. Auf Leichtbau getrimmte Modelle wie der Lotus Elise gelten als wegweisend sogar für kommende Elektroautomobile. Lotus hat u. a. das Design für den kalifornischen Elektro-Sportwagen Tesla entwickelt und produziert auch Karosserie und Chassis des elektrischen Roadsters. Der Kult um Lotus, KTM und andere Leichtbau-Sportwagen wird von einigen Markt-Beobachtern als ein erstes Anzeichen angesehen.


    Access

    Access via TIB

    Check availability in my library

    Order at Subito €


    Export, share and cite



    Title :

    Das Ende der Völlerei. Der Trend zu höheren Gewichten und Leistungen droht in die Sackgasse zu laufen. Nur Radikalinnovationen im Leichtbau können die Leistungs- und Kostenspirale durchbrechen


    Additional title:

    The end of glutonny. A tendency to heavier weights and higher performance is comming to a dead end. Only radical innovation in leightweight design can stop increase in engine power and costs


    Contributors:

    Published in:

    Automobil Industrie ; 53 , 9 ; 24-30


    Publication date :

    2008


    Size :

    5 Seiten, 1 Bild, 1 Tabelle



    Type of media :

    Article (Journal)


    Type of material :

    Print


    Language :

    German