Ausgelöst durch die Forderung, den Einsatz fossiler Kraftstoffe im Fahrzeug zu reduzieren, gibt es zahlreiche Bestrebungen, die Effizienz der Verbrennungskraftmaschine zu steigern. Neben den klassischen Ansätzen wie Downsizing und Hybridisierung des Verbrennungsmotors befassen sich weitere Ansätze mit der Nutzung von ungenutzten Energiepotenzialen. Als eine mögliche Quelle bietet sich die thermische Energie des Abgases an, die in einem Pkw-Motor je nach Betriebspunkt und Brennverfahren zwischen ca. 15 – 50 % der chemischen Energie des zugeführten Kraftstoffs ausmachen kann. In dieser Arbeit wird ein System untersucht, das mit Hilfe eines dem Verbrennungsmotor nachgeschalteten Wärmekraftprozesses kontinuierlich Abgaswärme in nutzbare Energie wandelt, um durch die Nutzung der Abwärme Kraftstoff einzusparen. Als Wärmekraftprozess wird ein spezieller Dampfkreisprozess betrachtet, der durch seine Prozessführung charakterisiert und je nach Arbeitsfluid entweder Rankine Kreisprozess (RC) oder Organic Rankine Cycle (ORC) genannt wird. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf der Expansionsmaschine (EM), in der die Wandlung der thermischen Energie in nutzbare mechanische Energie erfolgt. Da die Anzahl an möglichen Typen für eine EM sehr groß ist, wird die Abgrenzung getroffen, dass allein solche EM betrachtet werden, die nach dem Prinzip einer Tauchkolben- oder Kreuzkopf-EM arbeiten. Ziel der Arbeit ist es, zwei methodische Ansätze mit unterschiedlicher Zielsetzung zu entwickeln: Der erste Ansatz dient dazu eine Hubkolben-EM für eine gegebene Fahrzeuganwendung zielgenau auszulegen, wohingegen der zweite Ansatz dazu genutzt wird, die Verlustquellen einer vorhandenen EM zu analysieren. Die Methodik zur Auslegung einer Hubkolben-EM basiert auf Parametervariationen eines RC mit einfachen Zustandsänderungen, um zunächst die am besten geeigneten Betriebsparameter (oberer Prozessdruck und obere Prozesstemperatur) zu ermitteln. Anschließend werden die charakteristischen Dimensionierungsparameter einer Hubkolben-EM bestimmt (Hubvolumen und effektive Leistung). Um eine Aussage über die effektive Leistung treffen zu können, ist es notwendig, die Reibung in Abhängigkeit von der Baugröße zu berücksichtigen. Daher werden in dieser Arbeit unterschiedliche Ansätze zur Beschreibung der Reibung in Abhängigkeit von Betriebsparametern und Schmierungskonzept der Hubkolben-EM ermittelt. Zudem beschäftigt sich ein Teil der Arbeit mit der Gestaltung des Schmierungskonzepts, da es zu Einschränkungen in der Haltbarkeit kommen kann, wenn sich Arbeitsfluid und Schmieröl miteinander vermischen. In dieser Arbeit werden unterschiedliche Lösungen für diese technische Problemstellung vorgestellt und hinsichtlich ihrer Eignung für den Einsatz in einem RC für eine mobile Anwendung diskutiert. Als Besonderheit ist zu nennen, dass das Reibverhalten einer trockenlauffähigen Kolbengruppe untersucht wird. Zur Analyse des Betriebsverhaltens einer vorhandenen Hubkolben-EM wird eine zweite Methodik, eine thermodynamische Verlustteilung, vorgestellt. Die in dieser Arbeit entwickelte Verlustteilung erlaubt es, die Verluste schrittweise zu quantifizieren, indem der reale Expansionsprozess sukzessive in einen idealen Expansionsprozess überführt wird. Hierzu ist es notwendig, das Wärmeübertragungsverhalten der Arbeitskammer zu quantifizieren. Daher beschäftigt sich ein Teil der Arbeit mit der Ermittlung einer Wärmeübergangskorrelation, die die Besonderheiten von Hubkolben-EM berücksichtigt. In der Arbeit werden exemplarisch zwei EM mit unterschiedlichen Arbeitsfluiden (Ethanol und Wasser) für dieselbe Pkw-Anwendung ausgelegt. Als Hubvolumen werden für die Expansionsmaschine für das Arbeitsfluid Ethanol ein Wert von 48,9 cm³ und für die Expansionsmaschine für das Arbeitsfluid Wasser ein Hubvolumen von 18,8 cm³ bestimmt. Der große Unterschied des Hubvolumens ist vor allem auf die unterschiedlichen Werte der mittleren Kolbengeschwindigkeit zurückzuführen, welche die Besonderheiten der beiden gewählten Schmierungskonzepte berücksichtigt. Als Grundlage für die Analyse dienen Simulationsergebnisse, die mit dem Simulationsprogramm GT Power V7.5 berechnet wurden. In beiden Anwendungen ist im Auslegungsfall die Reibung eine dominante Quelle für Verluste. Die Reibung wird mit Hilfe von der in dieser Arbeit ermittelten Korrelationen berechnet, sodass dieser Verlustbeitrag durch die Konstruktion bzw. durch die Wahl des Schmierungskonzepts vorgegeben wird. Für die wichtigen Kennzahlen effektive Leistung und effektiv- und indiziert-isentroper Wirkungsgrad werden folgende Werte ermittelt: Die Anwendung mit Ethanol liefert für den gewählten Betriebspunkt eine effektive Leistung von 1475 W mit einem effektiv-isentropen Wirkungsgrad von 54,3 % bzw. einem indiziert-isentropen Wirkungsgrad von 71,2 %. Die Anwendung mit Wasser generiert eine effektive Leistung von 1833 W mit einem effektivisentropen Wirkungsgrad von 56,8 % bzw. einem indiziert-isentropen Wirkungsgrad von 66,0 %. Mit der Anwendung, die für Ethanol ausgelegt wurde, ist es somit möglich, mit Hilfe des RC eine zusätzliche Leistung durch Abwärmenutzung bereitzustellen, welche 3,34 % der Motorleistung für den ausgewählten Betriebspunkt entspricht. Für die Anwendung mit Wasser liegt der Anteil sogar bei 4,16 %, wobei der Unterschied zwischen den beiden Konzepten maßgeblich auf ihre Reibung zurückzuführen ist. Zudem erlaubt der Einsatz des Fluids Wasser das Einstellen einer höheren maximalen Prozesstemperatur, wodurch der Rankine-Kreisprozess effizienter abläuft. Der thermische Prozesswirkungsgrads des RC liegt mit Ethanol bei 18,9 % und mit Wasser bei 27,1 %. Zu den übrigen Verlustquellen der EM lässt sich für die beiden Anwendungen folgendes festhalten: Der Wärmeübergangskoeffizient ist in der Anwendung mit Ethanol trotz der niedrigeren mittleren Kolbengeschwindigkeit im Maximum größer als in der Anwendung mit Wasser, was vor allem auf die unterschiedlichen Stoffwerte zurückzuführen ist. Verluste durch Wandwärmeübergang werden dennoch am ehesten durch die Differenz aus Fluid- und Wandtemperatur der Arbeitskammer beeinflusst. Die Verluste durch Leckage und Blowby verhalten sich für beide Anwendungen ähnlich, wobei für diese Verlustquellen die Stoffeigenschaften von Ethanol im Vergleich zu denen von Wasser eher nachteilig sind, da ein niedriger Isentropenexponent strömungstechnische Vorgänge wie Leckage und Blowby eher unterstützt. Auch Verluste durch einen Schadraum und durch unvollständige Expansion nehmen durch einen niedrigen Isentropenexponenten eher zu. Für beide Konzepte gilt, dass Leckage der Ladungswechselorgane die Effizienz des Arbeitsprozesses deutlich reduziert, wobei das Auslassventil größere Verluste durch Leckage verursacht als das Einlassventil.


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    Title :

    Auslegung und Analyse von Hubkolben-Expansionsmaschinen


    Contributors:

    Publication date :

    2021



    Type of media :

    Miscellaneous


    Type of material :

    Electronic Resource


    Language :

    German


    Classification :

    DDC:    629 / 536




    Auslegung und Analyse von Hubkolben-Expansionsmaschinen

    Sourell, Philipp Rainer / Technische Universität Braunschweig / Shaker Verlag | TIBKAT | 2021


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