Der Netzzugang zu Gasfernleitungsnetzen erfolgt in Europa über ein Kapazitätsbuchungssystem, in dem Netzkunden Kapazitätsrechte für den Gastransport erwerben müssen. In der Praxis hat sich auch in Deutschland gezeigt, dass ein Großteil der Kapazitätsrechte langfristig ausgebucht ist, so dass die Nachfrage nach kurz- und langfristigen Kapazitätsrechten nicht gedeckt werden kann. Die gebuchten Kapazitätsrechte werden zum Teil nur unvollständig von den Netzkunden genutzt. Die europäische Kommission und die Bundesnetzagentur haben daher eine Reihe von organisatorischen Maßnahmen ergriffen, um die Netznutzung zu verbessern. Bisher wurde jedoch der Aspekt einer sachgerechten Bestimmung der technischen Transportkapazität von Gasfernleitungsnetzen, welche die Berechnungsgrundlage für die Vergabe von Kapazitätsrechten bildet, nur am Rande betrachtet, während in Stromübertragungsnetzen ausgefeilte Methoden zur Engpassbewirtschaftung von Kuppelleitungen Stand der Technik sind. Die technische Transportkapazität ist abhängig von verschiedenen Randbedingungen und Freiheitsgraden, wie beispielsweise Netzinfrastruktur, Betriebsweise und Netznutzung. Daher ist die technische Transportkapazität eine zeitvariante Größe. Insbesondere die unsichere Netznutzung hat maßgeblichen Einfluss auf die technische Transportkapazität, so dass der Netzbetreiber die erwartete Netznutzung bei der Ermittlung der technischen Transportkapazität antizipieren muss. Es kommt daher zu einer engen Verknüpfung von technischer Transportkapazität und Netznutzungsregeln. Ziel der vorliegenden Arbeit ist zu analysieren, ob die Ermittlung technischer Transportkapazitäten in der Praxis sachgerecht ist oder ob sich Verbesserungspotenzial zeigt. Auf Basis einer sachgerechten Methode zur Kapazitätsermittlung soll der Einfluss verschiedener Randbedingungen, wie beispielsweise Netznutzungsregeln, auf die technische Transportkapazität auch aus regulatorischer Sicht quantitativ untersucht werden. Zunächst wird überprüft, inwieweit die relevanten Einflussgrößen und Freiheitsgrade bei der Ermittlung technischer Transportkapazitäten in der Praxis berücksichtigt werden. Dazu werden die in den Stromübertragungsnetzen zu gleichartigen Fragestellungen gewonnen Erkenntnisse hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf Gasfernleitungsnetze analysiert. Die bestehenden Netznutzungsregeln wirken sich nachteilig auf die technische Transportkapazität aus, da diese Regeln zu erheblichen Unsicherheiten bei der Kapazitätsermittlung führen. Die methodische Kapazitätsermittlung erfolgt in der Praxis mittels einer Szenariosimulation, die mit der in Stromübertragungsnetzen verwendeten Methode zur Ermittlung von technischen Kapazitäten im NTC-Modell vergleichbar ist. Diese methodische Vorgehensweise hat drei Defizite: (1) Unsicherheiten können in der Szenariosimulation nicht adäquat berücksichtigt werden. (2) Es erfolgt keine Maximierung der technischen Transportkapazität. (3) Die Szenariosimulation ist für die Ermittlung kurzfristiger technischer Transportkapazitäten nicht praktikabel einsetzbar. Diese Erkenntnisse veranlassten den Verfasser der vorliegenden Dissertation, eine umfassende Berechnungsmethode zur Ermittlung der technischen Transportkapazitäten von Gasfernleitungsnetzen zu entwickeln. Diese Methode berücksichtigt Unsicherheiten, gewährleistet eine Kapazitätsmaximierung und ist auch für kurzfristige Kapazitätsberechnungen anwendbar, deren Bedeutung in Zukunft zunehmen wird. Mit dieser neu entwickelten Berechnungsmethode werden exemplarische Untersuchungen an einem realitätsnahen Gasfernleitungsnetz durchgeführt. Dazu werden zunächst plausible Berechnungsparameter abgeleitet Anschließend erfolgt eine Anwendung der Methode für regulatorische Fragestellungen zum Einfluss der Netzinfrastruktur, Netzbetriebsweise und Netznutzungsregeln auf die technische Transportkapazität. Die quantitativen Ergebnisse sind aufgrund des exemplarischen Charakters zwar nicht allgemeingültig, lassen jedoch die grundsätzliche Aussagen zu, dass sowohl Lastflusszusagen als auch Verdichter grundsätzlich die technische Transportkapazität in Gasfernleitungsnetzen signifikant erhöhen. Lastflusszusagen haben dabei einen Wirtschaftlichkeitsvorteil, während Verdichter flexibler einsetzbar sind. Eine Einschränkung der sehr umfangreichen Renominierungsrechte in Gasfernleitungsnetzen würde ebenfalls zu einem nennenswerten Gewinn an technischer Transportkapazität führen.


    Zugriff

    Zugriff über TIB

    Verfügbarkeit in meiner Bibliothek prüfen

    Bestellung bei Subito €


    Exportieren, teilen und zitieren



    Titel :

    Ermittlung technischer Transportkapazitäten in Gasfernleitungsnetzen


    Beteiligte:
    Esser, Andreas (Autor:in)


    Erscheinungsdatum :

    2013


    Format / Umfang :

    103 Seiten, Bilder, Tabellen, 94 Quellen



    Medientyp :

    Hochschulschrift


    Format :

    Print


    Sprache :

    Deutsch




    Hellmann steigert Transportkapazitäten

    Studiengesellschaft für den kombinierten Verkehr e.V. | IuD Bahn | 2000





    Technischer Wagendienst

    Habel, Lothar ;Hensel, Wolfgang ;Schmager, Siegmund | SLUB | 1984